Wettbewerb „Neubau Wilhelmstraße 50“, Berlin

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin lud zum internationalen Wettbewerb „Neubau Wilhelmstraße 50“. Die Motivation, am Wettbewerb teilzunehmen war unter anderem die reizvolle Aufgabenstellung sowie das Interesse, sich auf internationalen Niveau mit den namhaften Architekten Europas zu messen. Umso erfreulicher war das Wettbewerbsergebnis, das den richtigen Weg im Entwurfsprozess bestätigte.

Wettbewerb: 2013

in Kooperation mit DI Edwin Harrer; DI Michael Plachy

Entwurfsidee / Leitgedanke

Der Entwurf „Neubau Wilhelmstraße 50“ ist eine Komposition aus dem geschichtlich geprägten Umfeld und der Gegenwart.
Die schlichte Ausführung verleiht den monolithischen Baukörper eine selbstbewusste Ausstrahlung und schließt die vorhandene Blockbebauung, ohne den historischen Hofbeamtenhaus zu nahe zu treten.

Architektonisches Gestaltungskonzept

Aus Respekt zu den geschichtsträchtigen Gebäuden fügt sich das neue Verwaltungsgebäude des Bundesministeriums in den stadträumlichen Kontext durch Zurückhaltung in ihrer Erscheinung ein. Der Neubau ruht eigenständig auf einem transparenten Erdgeschoss, welches sich als Fuge zum westlichen Bestandgebäude hochzieht.
Durch die offene Haltung des Erdgeschosses wird der Innenhof am Platz des ehemaligen Wilhelmplatzes spürbar. Der dynamische Rücksprung des Erdgeschosses definiert den überdachten Eingang und führt die Besucher ins Gebäude. Die Transparenz des Erdgeschosses unterstreicht den öffentlichen Charakter des Ausstellungsbereiches und der Kinderbetreuung. Die semi-öffentlichen Bereiche in den Obergeschossen zeichnen sich durch die transparente Gestaltung der Fuge in der Fassade wider. Der Hauptbaukörper wird durch die Wahl der Natursteinfassade einheitlich gelesen und fügt sich respektvoll in die Bebauung ein.
Der Freiraum wird durch den Knick im Erdgeschoss geprägt, der für eine gewisse Spannung im städtebaulichen Kontext beiträgt.

Funktionalität

Die klare Zonierung der öffentlichen und privaten Bereiche ergibt eine nutzerfreundliche Orientierung im Gebäude.
Das Erdgeschoss öffnet sich mit dem Ausstellungsraum Richtung ehemaligen Wilhelmplatz. Die Kinderbetreuung hingegen orientiert sich im Erdgeschoss zum geschützten Innenhof. Die öffentlichen Bereiche sind somit zur Gänze niveaugleich erschlossen. Die Büroräumlichkeiten werden durch die Treppe im Eingangsbereich bzw. über den behindertengerechten Fahrstuhl erreicht. Am anderen Ende des Gebäudes befindet sich das zweite Treppenhaus, welches einen separaten internen Eingang gewährleistet. Die Anbindung an das bestehende Bundesministerium erfolgt über einen elegant ausgeführten, überdachten Zugang im Erdgeschoss, ohne die Feuerwehrzufahrt in diesem Bereich zu beeinträchtigen.
Als verbindliches Element des gesamten Neubaus fungiert der massive Kern im Zentrum des Neubaus. Dieser zentrale Kern übernimmt nicht nur die statischen Anforderungen des Gebäudes, sondern dient als vertikaler Verteiler sämtlicher gebäudetechnischer Einrichtungen. Als Folge wird ein höchstes Maß an Flexibilität garantiert.
Diese flexible Grundstruktur erlaubt eine optimale Anordnung der jeweiligen Büroräumlichkeiten mit ihrem entsprechenden Zusammengehörigkeitsgefüge.
Als Gegenpol für das konzentrierte Arbeiten in den privaten Bürobereichen werden kommunikationsfreundliche Bereiche an der hellen Südfassade gewährleistet.
Die Sanitärbereiche sowie die Büroorganisatorischen Einrichtungen [Kopierer, etc.] sind aufgrund ihrer zentralen Lage mit kurzen Wegen und daher zeitoptimiert erreichbar.

Wirtschaftlichkeit

Die einfache Geometrie des Baukörpers und der zentrale Erschließungskern sind die Grundlage für einen kostenoptimierten Entwurf. Intelligent abgestimmte, nutzerfreundliche und logische Anordnung der Gebäudetechnik führen zu moderaten Herstellungskosten und extrem niedrigen Betriebs- und Wartungskosten. Dies führt zu einer äußerst positiven Bilanzierung der gesamten Lebenszykluskosten.
Durch den Einsatz von massiven Materialien wird das Energiekonzept in ihrer Einfachheit unterstützt. So wird die Betondecke in den Büroräumlichkeiten aufgrund ihrer Masse zum Herstellen eines ausgeglichenen und angenehmen Raumklima genutzt. Das natürliche Licht beleuchtet durch die hohen Fenster die gesamte Tiefe der Büros und verstärkt die winterliche Energiezufuhr über die Glasflächen. Die Brauchwassersammlung mittels Regenzisterne am Dach verringert den Wasserverbrauch wesentlich.

Nachhaltigkeit

Beim Entwurf für den Neubau des BMAS – Wilhelmstraße 50 wurde das BNB-Gütesiegel mit dem Zertifikat Gold angestrebt und die Anforderungen an einen Niedrigstenergiestandart erfüllt.
Besonders viel Wert wird auf die Verwendung von natürlichen Materialen gelegt. Das jeweils richtige Einsatzgebiet der jeweiligen Materialien ist wesentlich, um ihre spezifischen Vorteile nutzen zu können. Die Masse des Betons nicht zu verkleiden sondern als Betonkernaktivierung zu nutzen, führt zu einer effektiven Nutzung der gespeicherten Energie.
Die mögliche flexible Aufstellung der Trennwände und die gewählte Geschosshöhe ermöglichen bei einer eventuellen späteren Umnutzung des Gebäudes eine leichte Adaptation. Auch beim Aufbau der Fassade und der Gebäudeaussattung wurde auf Ressourcenschonung und eine einfache, möglichst vollständige Rezyklierbarkeit der Materialien Wert gelegt. Das Energiekonzept des Gebäudes unterstützt neben der Nutzungsflexibilität zusätzlich die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit des Entwurfs.

Konstruktion

Die logische Anordnung der Erschließungsbereiche an den Querseiten des Baukörpers führt zu der klaren Einteilung der Brandabschnitte.
Die Lasten werden über den zentralen, massiv ausgeführten Kern und der Fassade in den Boden abgeleitet. Durch die Wahl dieses statischen Konzeptes ist ein höchstes Maß an Flexibilität gegeben. Der Doppelboden und die regelmäßige Anordnung der Fenster tragen weiter zu einer uneingeschränkten Nutzung des Gebäudes bei.